Die Katholische Kirche im 3. Reich
Im Gegensatz zur Evangelischen Kirche stand die
Katholische Kirche dem Nationalsozialismus ablehnender gegenüber. Gründe dafür
war die dogmatische Geschlossenheit der Kirche ins ich selbst, sowie die
Bindung an den Vatikan und ihrer organisatorischen Struktur. Eine eindeutige
Ablehnung konnte aber jedoch nicht erkennen, stattdessen drückte der Führer
des politischen Katholizismus, der Prälat Ludwig Kaas, der "Nationalen
Erhebung" seine Sympathie aus.
Eindeutig jedoch war der Gegensatz im Bezug auf die Weltanschauung und darin
waren sich alle Bischöfe und Priester der Kirche einig. Die Rassenlehre der
Nationalsozialisten war mit dem Katholizismus unvereinbar. Außerdem gab es
schwere Reibungspunkte in der Kultur- und Schulpolitik und die politischen
Angriffe gegen den Katholizismus und die "polarisierenden Pfaffen"
waren nicht weniger aggressiv als gegen Juden und Marxisten. Somit war es auch
ab 1930 jedem Katholiken verboten eingeschriebenes Mitglied in der NSDAP zu
sein. So drohte bspw. der Generalvikar von Mainz mit der Exkommunikation.
Diese Weisung wurde jedoch bereits 1931 aufgehoben und war vorher nicht
angewendet worden, so waren doch Hitler selbst und seine Gefolgsleute bis
zuletzt in der Kirche geblieben.
Aus dem Katholischen Lager wurden schärfste Warnungen vor der NSDAP
ausgesprochen, die im bürgerlichen Lager ihres Gleichen suchten. So warnten
der Journalist Dr. Gerlich und der Kapuzinerpater Naab im Juli 1932 "Der
Nationalsozialismus ist eine Pest". Kaas jedoch sah dies anders und suchte
die Annäherung zur NSDAP. Für Kaas war der weltanschauliche Charakter geringer
einzuschätzen als er wirklich war. Was für ihn zählte war die nationale
Wiedergeburt und die Gegnerschaft zum Bolschewismus. Schon bald knickten auch
die Bischöfe ein, so setzten sie im Februar 1933 eine Formulierung durch, in
der die Kirche vor dem Nationalsozialismus warnte "solange und soweit er
kulturpolitische Auffassungen kundgibt, die mit der katholischen Lehre nicht
vereinbar" sind. Obwohl zwar nach wie vor kein Katholik Mitglied der NSDAP
sein durfte, war der erste Schritt zur Anerkennung der NSDAP durch die
Katholische Kirche getan. Weiterhin versuchte Hitler in seiner Rede zum
Ermächtigungsgesetzt die kulturpolitischen Bedenken der Kirche zu zerstreuen.
Man kann also sagen, das die Katholische Kirche am 30.01.1933 zwar noch fest
gegen den Nationalsozialismus stand, entgegen den Protestanten, doch begannen
die Mauern dieser Abneigung Risse zu zeigen und erste Infiltrationen waren
bereits erfolgt.
Die Einstellung der Kirchen zur Machtübernahme der NSDAP war nicht im Sinne
Hitlers und die Bekennung der katholischen Kirche zur Zentrums-Partei am
05.03.1933 brachte die NSDAP sicherlich um die erwartete absolute Mehrheit.
Doch blieben auch die Kirchen von der nationalen Hochstimmung nicht
unbeeindruckt. Weiterhin mussten die Kirchen dem neuen Reichskanzler nun den
von ihnen selbst auferlegten Gehorsam schulden und schließlich machte die
Furcht vor dem Kommunismus die Kirchen dem Regime gefügiger. So feierten die
evangelischen Kirchenmänner den neuen Staat und die katholischen Bischöfe
gaben am 28.03.1933 ihre frühere Skepsis auf. Die Bischöfe sprachen sich zwar
für ihre Weisungen im Bezug auf religiös-sittliche Irrtümer aus, hielten diese
aber nun nicht mehr für angebracht. Damit war der sprichwörtliche Damm
endgültig gebrochen und die Begeisterung für den Nationalsozialismus innerhalb
der katholischen Kirche stieg an. Die Geschlossenheit der Kirche, bisher
Garant für die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus, schlug sich nun
angesichts der vollendeten Tatsachen ins Gegenteil um. Dies war zunächst die
Ausschaltung des politischen Katholizismus und das Reichskonkordat zwischen
dem Deutschen Reich und dem Vatikan.
Das Verhältnis der Partei zur Katholischen Kirche bedarf jedoch einer Klärung.
Denn diese war international orientiert, was eine Gleichschaltung erheblich
schwierig machte. Auch spielten Wechselbeziehungen zwischen dem politischen
Katholizismus und der Kirche an sich eine Rolle, die Hitler beunruhigte.
Durch das Reichskonkordat, das von Papen einst ins Spiel gebracht hatte und
durch den Prälat Kaas unterstützt wurde, hatte Hitler sein Ziel schneller
erreicht, als er selbst gedacht hatte. So wurde der politische Katholizismus
fast komplett ausgeschaltet und die Kirche fast vollständig auf den religiösen
Bereich zurückgedrängt, wo sie politisch nicht mehr stören konnte. Als
Gegenleistung erhielt die Kirche die Garantie der freien Religionsausübung,
den Schutz der katholischen Körperschaften, das Recht zur Verbreitung der
Hirtenbriefe und die Erhaltung der Bekenntnisschule. Dies schien auf den
ersten Blick für einen Sieg der Kirche zu sprechen. Das Angebot Hitlers war
eine große Verlockung die nicht einmal die Weimarer Republik der Kirche zu
geben vermocht hatte. Durch diese Verlockung und der gleichzeitigen Drohung im
Bezug auf die Zentrumspolitiker der Kurie gab Hitler der Kirche einen kaum
größeren Verhandlungsspielraum. Hitler gab im Kabinett zu verstehen, das
Konkordat später, bei außenpolitisch besser Situation, bei etwaigen Mängeln
abzuändern. Bekannterweise war die Kirche im Irrtum auf eine Verbesserung
ihrer Lage durch das Konkordat zu hoffen. Zwar konnte sie sich nun auf eine
Rechtsgrundlage berufen, doch verschlechterte sich das Verhältnis von Kirche
und Staat nun zunehmend, auch aufgrund der Trennung von Politik und Staat. So
ließ sich jedwede Kritik am Staat als konkordatswidrig anprangern, womit die
Kirche ständig unter dem Druck stand angeklagt zu werden. Nicht wenige
Gläubige fühlten sich durch die eigene Kirche im Widerstand oder Ablehnung des
Regimes allein gelassen, womit einer katholischen Opposition ähnliche
Hemmnisse in den Weg gelegt wurden, wie der evangelischen.
In den Jahren 1936/36 erfolgten ca. 250 Sittlichkeitsprozesse gegen
katholische Geistliche und vor allem gegen Laienbrüder, die von der Presse mit
hämischen Kommentaren unterstützt wurden. Letztlich standen Propaganda und
Kampf im Vordergrund, nicht aber ordentliche Strafverfahren.
Neben Rosenberg versuchte von Schirach die Hitlerjugend in einem militanten,
antikirchlichen Sinne zu erziehen. Reichsinnenminister Frick forderte eine "Entkonfessionalisierung
des öffentlichen Lebens". Himmler versuchte seinen "Orden" scharf
von der christlichen Tradition abzugrenzen und Bormann unterstützte all diese
Vorhaben als allmächtiger Stabsleiter der Partei.
Die nun entschlossenen Handlungen der Kirchenführung führten so auch im
Kirchenvolk zur Nicht-Anpassung an das Reich. Durch die schikanöse
Unterdrückungspolitik banden sich viele nun noch enger an der kirchliche
Leben. Zwar stieg die Zahl der praktizierenden Katholiken kaum, doch
verstärkten die bisherigen Anhänger ihr Engagement. Die Teilnahme an
öffentlichen Veranstaltungen wie Prozessionen, Wallfahrten und
Glaubenkundgebungen stieg sprunghaft an. Der "Kalker Bußwallfahrt" in
Köln verzeichnete 1934 einen Besucherstrom von ca. 40.000 katholischen Männern
und damit 10.000 mehr als im Vorjahr.
Am 04.11.1936 verfügte der Staatsminister für Schulen und Kirchen in
Oldenburg, Pauly, das bis zum 15.12.1936 sämtliche Kruzifixe und andere
religiöse Zeichen aus den Schulen und allen öffentlichen Gebäuden entfernt
werden müssen. Der Offizial Vorwerk, Vertreter des Bischofs von Münster für
Vechta und Cloppenburg, legte am 15.11.1936 dagegen Einspruch ein und
verwahrte sich anlässlich einer Kanzelpredigt gegen diese Verordnung. Er
forderte die Gläubigen auf, für die Erhaltung des Kreuzes in Schulen
einzutreten. Überall wo jetzt katholische Geistliche auftraten, erfolgten
Beifallsstürme, die Andachten waren überfüllt, es wurden regimefeindliche
Flugblätter verteilt und Unterschriften gegen den Erlass gesammelt. So meldete
schließlich ein Bürgermeister, das er die Verordnung nicht einhalten könne, da
er eine Rebellion fürchtete. Als dann der Gauleiter Röver auf einer
Großkundgebung versuchte die Wogen zu glätten, dabei aber nicht von Kruzifixen
sprach, kam es zu Zwischenrufen und lautem höhnischem Lachen, bis er entnervt
in den Saal schrie: "Die Verordnung vom 04.11.1936 ist zurückgenommen. Die
Kreuze bleiben in der Schule.". Außerdem räumte der Kreisschulleiter ein,
Fehler gemacht zu haben und äußerte, dass das Selbstbewusstsein der Kurie
enorm angestiegen war und das man die Zurücknahme der Verordnung als eine Art
"Canossa-Gang" ansah. Man zeigte sein wahren Gesicht, hatte aber noch
nicht die Macht bzw. den Rückhalt in der Bevölkerung um die Ideen komplett
umzusetzen. Hinter dieser Verweigerung standen traditionelle Loyalitäten und
Lebensformen. Grund der Verweigerung war die kirchliche und kulturelle
Selbstbewahrung und nicht der politische Widerstand. Oftmals sprach aus den
spontanen Massenbekenntnissen die Unzufriedenheit über die Kirche, die allzu
leicht nachgegeben hatte. Die meisten Gläubigen waren aber bereit ihrer
Kirchenführung zu folgen, die Propaganda der Partei hatte eindeutig gezeigt,
das diese Anstrengungen nicht dem Kampf gegen den politischen Katholizismus
richtete, sondern gegen die Religion im Allgemeinen. Durch die schriftlichen
Eingaben verdeutliche die Kirche dem Regime die vorläufigen Grenzen der
Ideologie, womit der religiöse Beharrungswille schließlich doch zu einem
Politikum mutierte.